Sportliche Verquerungen

Nicht nur dank Zlatan oder Wintersport: Die schwedische Sportwelt tickt anders als die deutsche. Während nach einem Boxkampf über ein Verbot der gesamten Sportart nachgedacht wird, steigt im Eishockey die Schwedische Kirche als Sponsor ein. Wo besteht da die Verbindung?

36 Jahre war Boxen in Schweden untersagt. Erst 2006 entschloss man sich, das Verbot für professionelle Kämpfe zu lockern. Interessanterweise waren es kurz darauf vor allem schwedische Boxerinnen, die sportliche Erfolge feierten. Vielleicht die Größte unter ihnen: Frida Wallberg.

Nun hat Wallberg auch für die größte Kontroverse gesorgt: Nach ihrer Niederlage vor drei Wochen verlor sie nicht nur den Weltmeistertitel, sondern auch ihr Bewusstsein. Wallberg musste ins künstliche Koma versetzt werden, ist aber mittlerweile wieder ”wohlauf”. Das kann man von Schwedens Boxwelt allerdings nicht behaupten.

Unmittelbar nach dem Kampf entbrannten wieder öffentliche Diskussionen um ein Verbot der Sportart. Argumente dafür gibt es viele – vor allem gesundheitliche – das Entscheidende scheint aber dagegen zu sprechen: Das Geld, das schwedische Ausnahmeboxerinnen durch ihre öffentlichkeitswirksamen Kämpfe einbringen.

Wie so oft trägt sich der moralische Konflikt an einer finanziellen Scheidelinie aus. Ein verlässliches Bollwerk dagegen versuchte, zumindest nach außen, bisher immer die Kirche zu sein. Die Svenska kyrkan (Schwedische Kirche), bis 1999 Staatskirche, gab vor kurzem einen Schritt bekannt, der in Deutschland wohl für ähnliches Aufsehen gesorgt hätte wie ein mögliches Boxverbot. Sie steigt als Trikotsponsor beim Eishockey-Team aus Örebro ein.

Wer mit Stirnrunzeln darauf reagiert, dem lasse die Begründung des Vorsitzenden des Kyrkonämnden Timmy Leijen eine Erklärung sein: „Wir versuchen neue Bereiche zu finden, in denen wir mit unserer Botschaft erscheinen können. Es sind vielleicht Vorurteile, aber es gibt viele Männer mittleren Alters, die zum Eishockey gehen, und das ist eine Zielgruppe, die die Schwedische Kirche nur schwer erreicht und bei ihnen landet.“

Nun darf man Gott sei Dank die Kirche nicht mit dem Land gleichsetzen. Schweden hat immer noch die Möglichkeit, durch ein erneutes Boxverbot eine vorbildliche Entscheidung zu treffen. Doch wenn man Leijens Argumentation dafür als Maßstab nimmt, habe ich keine Hoffnung. Wo die Kirche wie ein Unternehmen agiert und so argumentiert, hat zumindest sie als moralische Instanz ausgedient.

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