Rückschritt in Gleichstellung

Gerade für Gleichberechtigung und Understatement ist Schweden bekannt. Doch ein Beispiel zeigt, wie sich das im öffentlichen Interesse schnell verqueren kann: Zlatan Ibrahimovic.

Sie gelten in Schweden als sehr beliebt: Rechte und traditionelle Verhaltensweisen, die für den Ausbau von Gleichberechtigung und allgemeiner Zugänglichkeit in der Gesellschaft stehen. Schon genannt wurde die jährliche Veröffentlichung der Einkommenssteuer. Ein anderes Beispiel wäre das Allemansrätten. Offen zugänglicher Grund darf von jedem betreten und dort sogar gezeltet werden, wenn es nicht explizit verboten ist. Das gilt sogar für Grundstücke! Doch es gibt Bereiche, in denen dieses Verhalten komplett vergessen wird.

Beim Sport könnte man nun vermuten, dass es in dessen Natur liegt: Durch den Wettkampfcharakter sind Sportler quasi dazu gezwungen, sich hervorzuheben. Das mag beim Einzelsport aus Perspektive der Selbstvermarktung von Athleten auch durchaus Geltung finden.

Aber in Schweden scheint sich bei Zlatan Ibrahimovic diese Perspektive umzudrehen. Zweifelsfrei ist er einer der, wenn nicht DER beste(n) Spieler, den sein Land bis zu diesem Zeitpunkt je gesehen hat. Doch dass er deshalb wie ein Halbgott in den Medien behandelt wird, rechtfertigt dies keineswegs.

Alles wird ausgeschlachtet – nicht nur in Boulevardblättern

Sein Wechsel im Sommer von Mailand nach Paris, seine neue Freundin, sein sportlich gesehen erfolgreicher Saisonstart und am vergangenen Wochenende seine Rote Karte wegen eines übertriebenen Einsatzes gegen den gegnerischen Torwart – alles wird beleuchtet, ausgeschlachtet und präsentiert. Und das nicht nur in Boulevardblättern, sondern auch den Sportteilen der seriösen Tageszeitungen.

Kritiker mögen nun abringen, dass auch in deutschen Medien der Fußball insgesamt und gerne mal einzelne Spieler in absolutem Missverhältnis zu gesellschaftlicher Wichtigkeit im Fokus stehen. Das mag stimmen; doch steht es in keinem Vergleich zur Zlatan-Fokussierung in Schweden.

Bestes Beispiel: Deutschland – Schweden

Das beste Beispiel mag die überdrehte Berichterstattung über das Länderspiel gegen Schweden sein. Wie ein Staatsakt zu einem Begräbnis trug die deutsche Medienlandschaft am folgenden und darauffolgenden Tag kollektiv Trauer. Doch immerhin stand dort eine Mannschaft und ihre (wechselhafte) Leistung im Mittelpunkt.

Der schwedische Sport gerät vor Zlatan allerdings zunehmend in den Hintergrund. Es scheint fast, als habe „Zlatan“ stets den ersten Anspruch auf eine Schlagzeile im Sport, sei eine eigene Kategorie wie „Eishockey“ oder „Handball“ sonst.
Diese Fokussierung steht in keinem Verhältnis zu sonstigen gesellschaftlichen Traditionen in Schweden und wirkt verstörend. Selbstverständlich kann man dieses Verhalten der Medien nicht ihm persönlich vorwerfen. Zlatan: Die Verirrung der Öffentlichkeit.

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